Über Armut, Zusammenhalt und die Liebe zu ihrer Natur - Gambia
- Alina Kraft
- 24. Sept. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Gambia - das kleinste Land auf dem afrikanischen Kontinent, welches uns von den Gambianern als “The Smiling Coast of Africa” vorgestellt wird, überrascht uns durch seine Schönheit der Natur und die Wärme seiner Menschen. Anders als in unseren bisher bereisten Ländern ist die Amtssprache nicht französich, sondern englisch, wodurch wir einen noch intensiveren Austausch mit der Bevölkerung erlebten. Schon an der Grenze stellten wir freudig fest, dass wir uns mit den netten Grenzbeamten unterhalten konnten. Wir erwischten sie in ihrer Mittagspause, wollten im Auto warten, wurden von ihnen jedoch rangewunken und zum Essen eingeladen. So saßen wir an einem verregneten Nachmittag mit gambischen Zollbeamten auf dem Boden um eine riesige Schüssel Couscous, aßen und quatschten. Was für ein Start! Gambia ist ein schmales Land, welches von allen Seiten vom Senegal umschlossen wird. Dies macht es zu einer Enklave innerhalb des Senegals. Der Gambia-Fluss, welcher das Land durchquert, sorgt für fruchtbare Böden und bietet Tieren und Menschen eine Lebensgrundlage. Das einzige große Ballungsgebiet um die Hauptstadt Banjul befindet sich an der Atlantikküste. Das Leben in der Stadt und der Küstenregion unterscheidet sich stark von dem im Landesinneren.

Wir entschieden uns dazu das gesamte Land zu duchqueren, passierten eine Grenze im Südosten und fuhren einmal um den Fluss herum, um das Leben der Menschen in den innländischen Gebieten kennenzulernen. Viele (wenn nicht sogar Alle), denen wir begegneten sind von Armut betroffen. Gambia zählt zu den ärmsten Ländern Afrikas. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft, insbesondere vom Anbau von Reis, Erdnüssen und Gemüse. Im Gegensatz zu den städtischen Gebieten kämpfen die Menschen im Inland mit Herausforderungen, wie dem fehlenden Zugang zu sauberem Wasser und einer guten Gesundheitsversorgung. Max und ich wurden in Gambia krank, bekamen Fieber und Gliederschmerzen. Wir reisten seit einigen Wochen durch Malariarisikogebiete und suchten einen Schnelltest oder einen Arzt.
Wir fuhren über 100 km, grasten verschiedene Apotheken ab, welche sehr schlecht ausgestattet waren und fanden letztendlich ein “Krankenhaus”. In Deutschland würde man Ruine dazu sagen, 3 alte Metallgestelle stehen in den Ecken, dünne Matratzen mit dreckigen Laken liegen darauf. In der Ecke steht ein staubiger Metallschrank ohne Türen, spärlich bestückt mit einzelnen kleinen Kartons. Das sind dann wohl die Spritzen, Medikamente und Tests… Hier will man wirklich nicht liegen… Unsere Tests waren negativ. Wir haben kein Malaria, etwas anderes testete er nicht. Bei der Bezahlung überlegte der Arzt länger wieviel wir nun zahlen sollen. (Schlechtes Zeichen!) 3000 Dalasi meinte er dann (fast 50 Euro). Ich meinte, dass das zu viel sei und bot ihm 1000 Dalasi. Er nickte ohne zu zögern, es scheint also noch immer ein gutes Geschäft für ihn gewesen zu sein.

Der Bildungssektor hingegen scheint Fortschritte gemacht zu haben. In nahezu jedem Dorf fanden wir Schulen, welche zum größten Teil von Unicef oder europäischen Partnerschaften finanziert wurden. In einer Schule, welche von der deutschen Stadt Bottrop finanziert wird, bekamen wir eine Führung. Hier lernen über 3000 Kinder und Jugendliche in diversen Gebäuden, ausgestattet mit Tischen, Tafeln, Schraubzwingen für die Holz- und Metallverarbeitung, sowie diversen Laboren. Dennoch sehen wir sehr viele Kinder, welche Waren auf Eseln transportieren und an der Straße verkaufen oder auf dem Feld mitarbeiten. Die Familien leben in großen Verbänden in runden Steinhütten mit Strohdächern. In kleineren Läden werden Erdnüsse, Waschmittel oder Süßigkeiten in winzig kleinen Plastiktüten verkauft, damit auch kleinere Beträge ausreichen, um etwas zu kaufen. Während der gesamten Zeit in Gambia sprachen wir immer wieder mit Menschen, die eigentlich von der Hand in den Mund lebten. Wir fuhren weiter an die Küste und bestaunten die gut ausgestatteten Wohnhäuser mit Fenstern und Elektrizität. (Boah krass! Fenster mit Glas drinnen! Dachte ich einmal.) Wir verbrachten 2 Nächte neben einer Strandbar und erlebten, dass auch die Männer hier jeden Tag, den ganzen Tag für eine warme Reismahlzeit und ein bisschen Gras arbeiteten. Falls wenig eingenommen wird, gibt es für sie nichts zu essen. Nachts schlafen sie auf den Sitzmöglichkeiten der Bar, ein zu Hause haben sie nicht. Wir fuhren weiter in die Stadt um nochmal in einer guten Apotheke Medikamente zu kaufen. Apotheker studieren hier ebenso wie Ärzte eine lange Zeit. Die Patienten gehen dann in eine Apotheke, erklären ihre Symptome und dort wird entweder ein Medikament gegeben oder aber ein Rezept für den Arzt auf welchem steht was er testen soll. - Nicht schlecht und sehr zeitsparend dachte ich… Der Apotheker erzählte uns von seinem Leben, seinen vielen Kindern und seinem Zweitjob im Laden - nach den 10 Stunden in der Apotheke. Er schläft nachts nie länger als 5 Stunden und verdient am Tag um die 40 Euro. Mit 2 guten Jobs, für die er studiert hat! Wobei Restaurants und Supermärkte genauso teuer sind wie bei uns in Deutschland. Unfassbar. Er aber ist sehr froh über seine Arbeit, es sei hart aber ein großes Privileg überhaupt die Chance auf ein geregeltes Einkommen zu haben. Die meisten Väter fischen, damit ihre Familie essen kann und suchen ab und zu einen Gelegenheitsjob. Ich flitzte schnell zum nächsten Automaten um Geld zu holen, schob meine Karte rein, er zeigte “ERROR”, irgendwas auf französisch und behielt meine Karte. Super. Aufgeregt fragte ich einen Mann, der draußen stand was ich machen soll. Er half mir sofort, griff zum Handy und versuchte (erfolglos) die Bank anzurufen. Eine Frau an der Tankstelle nebenan nahm mein Handy und zeigte mir einen Standort, welcher angeblich die Hauptzentrale der Bank sein soll. Einen Google-Eintrag gab es zwar nicht aber uns blieb ja nichts übrig als durch die ganze Stadt zu fahren und gucken zu gehen. Als ich das große Gebäude mit dem Zeichen des Automaten sah wuchs die Hoffnung. Auch dort wurde mir besorgt und super freundlich geholfen. Ich bekam sie zwar nicht gleich wieder, durfte sie aber am nächsten Nachmittag abholen. Auch wenn wir ausschließlich Menschen trafen, welche an der Armutsgrenze leben, jeden Tag aufs neue fischen oder irgendwo arbeiten, um sich und ihre Familie zu versorgen, habe ich dennoch nicht das Gefühl, dass die Menschen müde und traurig sind, wie ich es in Mauretanien erlebte. Im Gegenteil, wir wurden ausnahmslos nett begrüßt, und viele wollten uns ihr Land, ihre Traditionen, ihre Art zu fischen zeigen. Eines Abends sprach uns ein Mann an, welcher uns seine Babyschildkröten zeigen wollte, welche er im Sonnenuntergang in den Ozean freiließ. Ich spüre die Naturverbundenheit und das Gemeinschaftsgefühl der Menschen, welche keine Hemmungen hatten uns alles zu zeigen, was ihnen wichtig ist. Auch wir verliebten uns in die abwechslungsreiche Natur und die schönen und unberührten Strände Gambias.

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