Malawi - "The warm heart of Africa" neben Aberglaube, der tötet
- Alina Kraft
- 17. Feb. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Malawi ist ein kleiner Binnenstaat in Südostafrika und liegt zwischen Tansania im Norden, Mosambik im Osten und Sambia und Simbabwe im Westen.

Schon kurz nach Grenzübertritt bemerkten wir sofort- Dieses Land ist verdammt voll! Viele Menschen sind wir von unseren zuletzt bereisten Ländern Afrikas schon gewöhnt aber Malawi treibt es wirklich auf die Spitze! Von 1960 bis 2022 wuchs die Einwohnerzahl von 3,9 Mio auf 20,4 Millionen. Tendenz steigend, wenn ich mir die Kids anschaue, welche in riesigen Gruppen herumlaufen und schon Vierjährige ihre kleinen Geschwisterkinder auf dem Rücken herumtragen. Wie lebt es sich hier? Im sechst-ärmsten Land der Welt, welches aus allen Nähten platzt?
Die Menschen leben von dem Wenigen was sie haben, stecken uns dennoch mit ihren lachenden Gesichtern und ihrer Lebensfreude an und machen dem Motto des Landes “warm heart of Afrika” alle Ehre. Wir werden winkend mit einem “Welcome to Malawi” begrüßt und genießen die Stimmung auf den Straßen und in den Dörfern.
Dennoch klagen die Einheimischen in Gesprächen über die Probleme, welche sich aus dem Bevölkerungswachstum ergeben- nämlich Armut und Arbeitslosigkeit. Auch die Strom- und Wasserversorgung ist problematisch und mit vielen Ausfällen verbunden. Die meisten Familien leben vom Agrarsektor, können sich damit jedoch gerade so selbst ernähren.
Malawi scheint sehr fruchtbare Böden zu haben - zumindest haben wir Ackerbau in diesem Ausmaß nur selten gesehen. Malawi ist einer der größten Tee- und Tabaklieferanten der Welt, wovon die Menschen selbst leider auch nicht viel haben, da internationale Konzerne die Preise bestimmen und die Menschen weiterhin in Armut leben.
Auf unserer Strecke durch das Land fanden wir nicht ein kleines Fleckchen unberührtes Land, wodurch sich für uns die Suche nach einem ruhigem Schlafplatz als eher schwierig und frustrierend heraus stellt. Es gibt entweder Dörfer, Straßen oder Ackerflächen mit Reis und Mais. Auf den Straßen pilgern Menschen zwischen den Dörfern hin und her, viele sitzen am Straßenrand oder arbeiten auf den Feldern. Wir sehen schon Kinder im Grundschulalter mit Spitzhacken und Schippen auf Feldern und Straßen arbeiten. Andere laufen mit Schuluniformen in riesigen Gruppen Gleichaltriger zur Schule.
Malawi ist eines der kleinsten Länder Afrikas, liegt dafür aber an einem der größten Seen an dessen Ufer wir eine Nacht verbrachten. Natürlich fanden wir kein “freies” Fleckchen und durften gegen einen kleinen Obolus auf dem Grundstück einer Familie schlafen. Die Kinder ringsherum sahen uns von Weitem und gesellten sich zu uns. Ihre anfängliche Zurückhaltung wurde schnell abgelegt und aus 5 wurden 10 und am Ende vielleicht so 30 Kids.
Sie machten mit uns faxen, fanden jede unserer Bewegungen sehr lustig, kauten auf Stöcken herum und lagen einfach nur da und schauten in den Himmel. Sie leben alle hier in kleinen Fischerhütten direkt am See.
Der älteste Junge aus dem Dorf konnte englisch und erzählte, dass er zwar 8 Jahre lang zur Schule ging und einen Abschluss hat und trotzdem keine Arbeit findet. Unter den ganzen Kindern hier, ist er der Einzige, der eine Schule besucht hat. Schulen werden nicht von der Regierung gebaut, sondern auf Eigeninitiative des Dorfchefs und von Geldern der Dorfbewohner. So müssen Kinder manchmal bis zu 2 Stündige Fußmärsche zurück legen, um in die nächste Schule zu gehen. Für die Kinder hier am See existiert keine Schule, welche fußläufig erreichbar wäre, somit verbringen sie ihre Tage hier am See, schauen den Fischerbooten zu und spielen im Sand. Sie sprechen Swahili, die meistverbreitete Sprache Ostafrikas.
Nach der Schule müsste der Junge eine Ausbildung machen, um einen Beruf zu lernen. Diese kostet Geld und seine Eltern können das nicht zahlen. Damit geht es ihm wie den meisten jungen Menschen Malawis. Ich hatte das Gefühl, dass es der 15-jährige Junge schon aufgegeben hat eine Arbeit zu finden. Anstatt seine Arbeit anzubieten oder irgendwo nachzufragen, ob er ein Handwerk erlernen darf, fügt er sich seinem Schicksal und sitzt am See oder an der Straße und macht nichts. Genau wie die ganzen anderen Menschen, ohne Perspektive.
Wir erleben abends wie die Fischer neben unserem Auto die Netze einholten und den Fisch verteilten. Die großen Fische bekamen die beiden Inhaber des Grundstücks. Um den letzten Beutel kleiner Fische wurde sich dann geprügelt - wirklich geprügelt…mit Fäusten!

Ein anderes Thema, was mich hier in Malawi beschäftigte und schockierte, ist der Umgang mit Menschen mit Albinismus. In den größten Teilen Afrikas sind Sie meist automatisch Außenseiter, sie wachsen oft allein auf oder werden von Organisationen aufgefangen und unterstützt. Auf unserer Reise haben wir noch nie einen Menschen mit Albinismus in einem Job, beispielsweise als Polizist, Verkäufer oder Landwirt gesehen. Und allgemein sehen wir hier in Malawi und Tansania kaum jemanden mit Albinismus.
In Malawi ist der Aberglaube sehr verbreitet, dass Menschen ohne Hautpigmentierung aus einem Fluch über ihre Familie hervorgingen, weswegen die gesamte Familie zu meiden wäre, wenn ein Albino-Baby geboren wird. Zugleich werden Körperteilen von Albinos übernatürliche und magische Fähigkeiten zugeschrieben. Beides zusammen macht diese Menschen quasi vogelfrei.
Seit wenigen Jahren werden Morde und andere schwere Übergriffe dokumentiert, bei welchen Körperteile bei lebendigem Leib abgetrennt und verkauft werden. Die weißen Körperteile würden den Mördern mehr Geld einbringen, als sie sonst in einem Monat verdienen würden. Nicht nur in Malawi werden Ritualmorde vollzogen und Menschen mit Albinismus stigmatisiert, sondern auch in Nachbarländern und vor allem in Tansania, in welchem die höchste Zahl an Albinos gezählt wird. Nach 2015, als Tansania härtere Maßnahmen gegen de Gewalt gegen Albinos erließ, hat Malawi einen steilen Anstieg der Tötungen erlebt.
Lange Zeit gab es Vorwürfe, dass Malawis wechselnde Regierung diese Ritualmorde durch Untätigkeit begünstigen würde. Seit 2020 ist nun der neue Präsident und ehemalige Kirchenführer Chakwera im Amt, welcher ein neues, demokratisches und vor allem humanitäres Malawi aufbauen möchte. Seitdem wurden schon einigen Mördern von Menschen mit Albinismus Todesstrafen verhängt.
Daneben gibt es einige Hilfsorganisationen, wie “Tumani - Hoffnung für Menschen mit Albinismus in Afrika”. Dieser Verein unterstützt Menschen mit Albinismus in Tansania und Malawi durch medizinische und wirtschaftliche Förderung.
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