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Kulturschock - unsere erste Woche in Marokko

  • Autorenbild: Alina Kraft
    Alina Kraft
  • 9. Juli 2023
  • 5 Min. Lesezeit

Eigentlich stellt die Einreise nach Marokko kein Problem dar, vor allem nicht für Menschen mit deutschem Pass. Problematisch ist nur, wenn das Auto nicht auf uns angemeldet ist und wir somit ein Auto 3. Person einführen wollen. Und genau da ging das erste Abenteuer Marokko los: Wer ist diese Grit fragte uns der Polizist streng? “This is my mum” antwortete Max schulterzuckend. Der Polizist schüttelte mit dem Kopf und rief NO! Ohne eine notariell beglaubigte Vollmacht durften wir also nicht einreisen. Die Sprachbarriere machte es nicht einfacher uns zu erklären. Ein Marokkaner, welcher in Deutschland lebt, versuchte die “Sache” für uns zu klären und zu dolmetschen. Er diskutierte wild mit dem Polizisten auf arabisch und wir sahen nur wie der Polizist mit dem Kopf schüttelte und ab und zu “No” in unsere Richtung rief. Ich sah uns ehrlich gesagt schonwieder auf der Fähre nach Spanien…Nach ein paar Minuten, welche sich wie Stunden anfühlten, lächelte unser nette Dolmetscher und sagte: “Ihr habt verdammt viel Glück gehabt”. Wir durften einreisen. Dieses Problem wird uns noch begleiten, fürchte ich. Chefchaouen im Rif-Gebirge Chefchoauen war unser erstes Ziel. Die “blaue Perle Afrikas” steht in den meisten Reiseführern ganz oben und lockt zahlreiche Touristen an. Sie gilt als wichtigste Stadt des Rif-Gebirges und befindet sich in dessen Ausläufern im Norden Marokkos. Sie ist zwar klein, dennoch bietet sie den wichtigsten Anlaufpunkt für die Menschen aus den Bergen um ihre Waren zu verkaufen. So werden in der Stadt im großen Stil Berber-Teppiche und Kleidung aus regionaler Schafwolle, Obst und Gemüse und vor allem Haschisch und Marihuana angeboten. In Marokko ist der Anbau und Vertrieb non Marihuana illegal, wird jedoch in dieser Region von der Regierung geduldet.

Besonders faszinierend ist die Handwerkskunst: Viele Tischler werkelten an alten Maschinen in engen Räumen und zauberten mit den einfachsten Werkzeugen die schönsten Muster in Holzplatten, welche später als Türen oder Tische dienen sollen. Ich würde sieh eher als Tischer bezeichnen. Für die blaue Farbe gibt es viele Erklärungen: Ein Mann erzählte, dass Menschen sich damit vor Mücken schützen würden. Außerdem würde die Farbe blau im Orient als Schutzschild gegen das Böse und Wesen mit magischen Kräften gesehen. Eine andere Erklärung ist, dass im Judentum die Farbe blau als Symbol für Gott und Himmel angesehen wurde.

Das Rif-Gebirge selbst erinnert mich landschaftlich an Andalusien, bis auf die vielen Ziegen und Schafe, die Hütten aus Steinen und Lehm, welche als Wohnhäuser dienen und die Esel, welche hier wohl das wichtigste Verkehrsmittel darstellen. Nicht zu vergessen- die Marihuana Felder, welche mit ihrer dunkelgrünen Farbe schon von weitem ins Auge stechen. Anders als in Europa sind wir hier außerdem nie allein. Egal wie abgelegen wir campen - überall waren interessierte Hirten, die ihre Schafe vorbei trieben oder Kinder und Jugendliche, die vorbei kamen und uns musterten. Die Tatsache, dass die Menschen wissen wo wir stehen machte uns ehrlich Gast ein eher mulmiges Gefühl. Vor allem weil uns bis jetzt jeder scharf abgeraten hat wild zu stehen. Leider war die Verständigung mit den Interessierten schwierig. Berberisch kennt leider kein Übersetzer und lesen können hier in den Bergen ebenso nicht Viele. Dennoch verstehen wir uns über lächelnde Gesten und “verquatschten” uns dann doch öfter. Nach ein paar Tagen im Rif-Gebirge zog es uns endlich an den Atlantik und wir verbrachten die erste Nacht an dem größten naturbelassenen Strand, den ich je gesehen hab. Kein Haus, kein Hotel, kein Mensch. Nur - kilometerweite Steilküste und breiter Sandstrand soweit das Auge reicht. Wir waren überwältigt und genossen den schönsten Sonnenuntergang seit langem.



Da sich der Norden Marokkos nicht zum Wandern eignet, fuhren wir südlich und besichtigten verschiedene Städte. Die Landschaft ist zwar wunderschön, nur gibt es keine Wege. Die Menschen hier hüten tagtäglich ihr Vieh und legen weite Strecken in die Dörfer zu Fuß zurück. Da kommt wahrscheinlich niemand auf die Idee seine wenige Freizeit wandernd zu verbringen. Auch Rennräder, Mountainbikes oder Läufer habe ich hier noch nicht gesichtet. Weiter südlich besuchten wir Kenitra, Rabat und Casablanca. Kenitra ist im Gegensatz zu den anderen beiden keine Stadt, welche für den Tourismus bekannt ist und das spiegelt sich stark in der Aufmachung und Pflege der Stadt wieder. Graue Blöcke und große Straßen prägen das Bild dieser Stadt. Von bunten Ständen, Straßenmusik und dem typischen Vibe Marokkos bekommen wir hier wenig mit. Rabat Etwas südlicher befindet sich Rabat- die Hauptstadt Marokkos. Schon bei unserer Ankunft wunderte ich mich über diese höchst ordentliche, aufgeräumte und sehr weitläufige Stadt, welche sich damit von den anderen eher wuseligen Städten unterscheidet. Es ist eine sehr moderne Stadt mit vielen internationalen Einflüssen, wobei sehr viel Wert auf die Präsens gelegt wird. An der Straße wedeln regelmäßig angeordnete riesige Marokko-Flaggen. Die Rasenflächen werden mühevoll gepflegt, gemäht, bewässert und mehrere Menschen suchen diese mit einer Zange nach Laubblättern ab. Alles in mühevoller Kleinarbeit. (verrückt, wenn 3 km vor der Stadt die Landschaft in buntem Plastikmüll versinkt) Viele Gärtner bepflanzen Grünstreifen an Gehwegen, in Kreiseln und andere Grünflächen. Die Stadt sieht aus wie geleckt. Die berühmteste Sehenswürdigkeit Rabats ist wohl das Grab des ehemaligen Königs. Ganz mit weißem Marmor wurde die prunkvolle Begräbnisstätte für den marokkanischen König Mohammed V. in Rabat bedeckt und über 10 Jahre lang mit 400 marokkanischen Handwerken erbaut. Prestige, Pompös und etwas übertrieben würde ich's vielleicht beschreiben... Das Altstadtviertel liegt auf einem Felsplateu über dem Meer. Die vielen blau-weiß getünchten Häuser sind versteckt hinter den Mauern der Festung. Tritt man durch das große Tor, fühlt man sich wie in einer anderen Welt.

Casablanca Casablanca verbinde ich mit der Hassan-II-Moschee. Noch nie habe ich ein vergleichbares Bauwerk gesehen, welches so riesig, prunkvoll und gleichzeitig modern war. Ein riesiger Platz aus weißem Marmor ebnet den Weg zur Moschee. Das Minarett ist mit 210 Metern Höhe das höchste religiöse Bauwerk und die Moschee bietet Platz für 25000 Personen. Die Begeisterung über den Bau anlässlich des 60. Geburtstages des Königs sei groß gewesen. Die Stimmung kippte, als die Kosten immer höher wurden und die einst freiwilligen Spenden zu einer Zwangssteuer wurden. Hinzu kamen schwere und zahlreiche Arbeitsunfälle beim Bau. Insgesamt arbeiteten 2500 Arbeiter und 10.000 Handwerker an der Moschee- über 6 Jahre. Das Dach öffnet automatisch, die Gebetshalle hat eine Fußbodenheizung und der Glasboden ermöglicht den Blick auf den Atlantik. Direkt neben der Moschee siedeln Slums, was die Schere zwischen bitterer Armut und verschwenderischem Prunk nicht sichtbarer machen könnte. Wenige Meter weiter gingen wir in die alte Medina. Dort ist es für mich sehr wuselig und einfach zu viel. Es riecht nach gammligen Fisch und Fleisch, aber auch nach Gewürzen und Kräutern. Es wird alles mögliche verkauft, dazwischen bauen Handwerker Regale, sehr viele Menschen betteln und andere verkaufen scheinbar gefundene Dinge. Jeder spricht uns an, tippt uns auf die Schulter, will die Aufmerksamkeit, damit wir ihre Ware anschauen, kaufen oder spenden. Es war laut, anstrengend, Roller schossen in den engen Gassen vorbei und ich war einfach fertig.



Ehrlich gesagt fühlten wir uns nach der ersten Woche nicht so richtig wohl. Max meinte: "Ich versteh nicht, wieso alle nach Marokko wollen!" Die Städte haben schöne Ecken und auch Chefchaouen war wirklich hübsch. Dennoch sind jedoch großteils anstrengend, sehr wuselig, laut und. Als weiße Touristen, die immer sofort und von weitem aus Deutsche identifiziert werden, ist es unmöglich durch Straßen zu gehen, ohne andauernd angequatscht oder irgendwo hingeführt zu werden. Daran müssen wir uns gewöhnen denke ich. Die Armut ist überall gegenwärtig und der riesige Kontrast zu den prunkvollen Gebäuden macht mich sehr nachdenklich. Nachts fühlten wir uns öfter nicht ganz so wohl und uns fehlen Aktivitäten - wie zum Beispiel wandern (unsere Hauptaktivität bis zur marokkanischen Grenze).

Dennoch hatten wir einige netten Gespräche und tolle Landschaften, Stellplätze und Ausblicke. Wir sind gespannt auf Marrakesch, das Atlas-Gebirge und das südlichere Marokko.

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