Der schönste Ort Marokkos?
- Alina Kraft
- 4. Aug. 2023
- 3 Min. Lesezeit
Essaouira ist bisher unser absoluter Lieblingsort. In Marokko und vielleicht sogar auf unserer bisherigen Reise.
Der Ort ist nicht groß. Die Medina mit vielen kleinen Läden, Restaurants und Unterkünften liegt direkt am Meer.
Im Hafen liegen viele Fischerboote, welche täglich raus fahren um frischen Fisch zu bringen, welcher auf dem Markt oder zubereitet in der Medina verkauft wird.
Bekannt ist Essaouira für die grandiosen Surf-und Kitestrände, an welchen unzählige Kamele, Pferde und Quad warten ausgeführt zu werden. Es ist ein ganz besonderer Vibe bei Sonnenuntergang Surfern und gleichzeitig Kamelkarawanen und galoppierenden Pferden am Strand zuzuschauen.
Wir dachten, dass wir uns hier für eine Woche aufhalten würden um etwas abzuschalten. Die Eindrücke der letzten Wochen und Monate waren überwältigend und jeden Tag woanders aufzuwachen zehrte Energie. Außerdem hatten wir Lust zu kiten, buchten uns für eine Woche einen Kitekurs (für sehr viel Geld) und suchten eine Autowerkstatt um unseren Auspuff schweißen zu lassen. Aus dem Auspuff wurden mehrere Projekte, welche uns teiweise ganz schön Nerven kosteten und aus einer Woche wurden erst 2 und letztendlich ein ganzer Monat.

Da wir in der Autowerkstatt nicht schlafen konnten, mussten wir uns Unterkünfte suchen und kamen für die erste Nacht bei dem Werkstattchef unter. Die Gastfreundlichkeit der Menschen ist riesig! Wir wurden so zuvorkommend bewirtet, dass es uns fast unangenehm war. Die hochschwangere Frau des Werkstattchefs wurde immer wieder aus dem Bett gepfiffen, um uns die Vorspeise zu servieren. Mitten in der Nacht, als der Chef aus der Kneipe zurück kam, sollte sie dann eine Tagine zubereiten und eine Stunde später wieder aufstehen um alles aufzuräumen. Sie saß nicht bei uns zum Essen und war auch sonst eher schüchtern. Ich fühlte mich unwohl und hatte ein schlechtes Gewissen. Eine solche Rollen- und Machtverteilung ist hier keine Seltenheit, dennoch war dieses hautnahe Miterleben für mich eine Erfahrung über die ich lange nachdachte. In unserer Zeit hier in Marokko und Essaouira lernten wir daneben viele gegenteilige Beziehunungen kennen.
Die restlichen Tage verbrachten wir dann in einem Riad in der Medina und lernten Aziz kennen, bei dem wir stundenlang im Schuhladen saßen und über Gott und die Welt philosophierten. Aziz ist eine von vielen Begegnungen, welche Essaouira für uns so besonders machen.
Nach der ersten Woche Kiten hatten wir Blut geleckt und grasten die Kiteschulen ab, um uns eigenes Material zu kaufen. Die Informationen bekamen wir so: Wir treffen einen Mann auf dem Pferd, welcher uns eigentlich einen Ausritt verkaufen möchte. Ich erzählst ihm, dass ich Kites kaufen möchte und er gibt mir die Nummer eines “Freundes” und einen Standort. Dann fuhren wir dahin.. Wieder und wieder. Bis wir nach einer Woche gefühlt alle Kiteschulen kannten und ein gutes Angebot gefunden hatten.
Mittlerweile fanden wir einen schönen Spot zwischen Arganbäumen, den wir zu “unserem Wohnzimmer” ernannten und in unseren Alltag kam fast eine richtige Routine rein:

Frühstück, Sachen Packen, Kiten gehen, Einkaufen oder Aziz besuchen, im Wohnzimmer chillen, Kochen und Lagerfeuer, schlafen.
Es fühlt sich so leicht an hier zu sein, zu wissen wo man Wasser und Essen bekommt und wo man nachts schläft. Max und ich kamen hier auf unserer Reise zum ersten Mal an, erzählten so viel, schmieden neue Pläne für die Reise, verbrachten ein paar Tage mit anderen Reisenden, welche uns sehr inspirierten und so vergingen 4 Wochen.
Eines Morgens am Strand sahen wir, dass sich ein alter Pickup festgefahren hatte. Ein Mann buddelte die Reifen frei und seine Frau beschäftigte die 3 kleinen Kinder. Wir halfen ihnen das Auto zu befreien und pumpten mit unserem Kompressor die Reifen wieder auf, was den Mann sehr faszinierte. In Marokko gibt es kein Ebay oder Amazon und es ist sehr schwierig Dinge aus Europa zu bekommen, welche dann noch hoch verzollt werden. Wir wurden prompt auf einen Tee eingeladen und 15 Minuten später errichtete die Familie aus einem alten Zelt und vielen Decken und Kissen eine richtige Bude. Die Mutter arbeitete vor den Kindern in einer Versicherung und konnte Englisch sprechen. Es war so schön mit ihr zu erzählen, mit den Kindern im Meer zu spielen und von ihrem Leben zu erfahren. Immer wieder betonen sie wie dankbar sie wären so viel Zeit mit den Kindern zu verbringen und sie aufwachsen zu sehen. Wir verbrachten den ganzen Tag mit der Familie, sie grillten am Nachmittag frische Sardinen über dem Feuer und wir lernten von der 3 jährigen Tochter wie sich kleine Fische mit Händen essen ließen. Das war einer der schönsten Tage hier.

Jetzt sind wir bereit unseren Weg fortzusetzen, verlassen Essaouira mit einem lachenden und einem weinenden Auge und sind uns sicher, dass wir definitiv irgendwann wiederkommen werden.





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